Aus dem Grätzl herausgerissen: Neubau statt Altbau in Erdberg

Die Abrisswelle, die 2018 über Wien gefegt ist, hat starken medialen und politischen Widerhall gefunden und die Aufmerksamkeit auf ein lange unter der Oberfläche schwelendes Thema gelenkt. Im Windschatten von spektakulären Abrisse wie in der Radetzkystraße oder beim „Sperl“-Haus hat es jedoch eine ganze Reihe weiterer Abbrüche von Althäusern gegeben. Etwa in der Landstraße, wo nahe der Schlachthausgasse ohne Aufsehen ein Gründerzeithaus abgebrochen wurde – gerade noch rechtzeitig vor der Verschärfung der Bauordnung. So wird in der Baumgasse 71 künftig ein Neubau das Stadtbild prägen.

Gründerzeithaus Baumgasse 71 wird abgerissen, Wien-Landstraße
Gründerzeithaus Baumgasse 71 wird abgerissen (Mai 2018)

3. Bezirk: Beliebt bei Wohnungssuchenden und Investoren

Der alte, „klassische“ dritte Bezirk zieht sich von Belvedere, Konzerthaus und Wien Mitte bis etwa zur Schlachthausgasse. Dieses Gebiet ist es auch, in denen sich noch viele Häuser aus der Gründerzeit (d.h. erbaut zwischen 1848 und 1918) mit dem bekannten Fassadenschmuck finden.

Mit den steigenden Immobilienpreisen und der hohen Beliebtheit der Landstraße als Wohnbezirk werden auch ehemalige Randlagen für Investoren interessant. Die noch zahlreichen Freiflächen in St. Marx – wo sich fast der ORF angesiedelt hätte – und im Eurogate-Areal rücken das Gebiet zwischen Donaukanal und Landstraßer Hauptstraße in den Fokus. Mitten darin liegt die beschauliche Baumgasse.

Gründerzeithaus Baumgasse 71 vor dem Abriss, Wien-Landstraße (3. Bezirk)
Vor Abriss: Baumgasse 71 (April 2018)

Abriss

Überhaupt erst profitabel wurde der Abriss in der Baumgasse durch die hohe Widmung. Das Nachfolgehaus darf um mehrere Stockwerke höher werden – ein typisches K.O.-Kriterium für einen Altbau.

Doch wie erhaltenswert war Nr. 71? Teile des Gebäudes waren zuletzt schon nicht mehr in originalem Zustand. Die ursprünglichen Fenster hatte man lange schon gegen eine günstigere Plastikvariante ausgetauscht. Eine Mauer stammte augenscheinlich überhaupt zur Gänze aus der Nachkriegszeit. Und trotzdem gehörte das Haus wie selbstverständlich zum historischen Gefüge.

Neubau kommt

Der Nachfolger, der unter der Bezeichnung „Die goldene Linde“ firmiert, steht schon in den Startlöchern. Renderings zeigen ein zum Teil mit Klinkern oder Fliesen verkleidetes Wohnhaus mit bodentiefen Fenstern und Balkonen in jedem Stockwerk. Geboten werden ausschließlich freifinanzierte Eigentumswohnungen. Ab rund 250.000 Euro ist man dabei. Stattlich wird es im Dachgeschoß: Drei Zimmer mit Terrasse und Balkon für über 800.000 Euro. Die Landstraße wird teuer – auch in ehemals wenig beachteten Lagen.