Rettet die historischen AKH-Kliniken!

Seit Jahren verfallen zwei riesige historische Kliniken am Gelände des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. Noch heuer soll mit dem Abriss der über 100 Jahre alten Gebäude begonnen werden. Die Pläne für die herausragenden Bauten stammen vom berühmten Ringstraßen-Architekten Emil von Förster. Es sind auch seine allerletzten Werke, denn von Förster starb 1909 – kurz vor Baubeginn.

Hinweis: Die in diesem Artikel erwähnten I. Medizinischen Klinik wurde 2020 abgerissen. Alle Infos dazu gibt es hier.

I. Medizinische Klinik, AKH Wien, Architekt Emil Förster, Alsergrund (9. Bezirk)
Vor Abriss: 1. Medizinische Klinik

Kann neues Gesetz Abriss verhindern?

Abgerissen werden sollen die Kinderklinik und die 1. Medizinische Klinik. Die kunstvollen Fassaden und aufwändigen Ornamente der riesigen Gebäude haben den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden und sind bis heute original erhalten. Trotzdem hat das Bundesdenkmalamt den Denkmalschutz in den 1980ern aufgehoben.

Seit 2018 gilt in Wien ein strengeres Gesetz zum Schutz historischer Gebäude. Die Magistratsabteilung 19, die zum Ressort von Stadträtin Maria Vassilakou gehört, kann Abrisse historisch und architektonisch bedeutender Gebäude untersagen. Eine Abrissgenehmigung für die Jugendstil-Kliniken ist vor diesem Hintergrund kaum denkbar. Wahrscheinlicher ist, dass das Argument „Abbruchreife“ vorgebracht wird.

Plan des Wiener AKH
(Karte: ©ViennaGIS, bearbeitet)

Warum hat die Baupolizei den Verfall nicht gestoppt?

Laut AKH-Verwaltung werde für die 1. Medizinische Klinik „heuer noch der Abbruch angestrebt“, so die Baupolizei. Auch die Kinderklinik „wird vermutlich in den nächsten Jahren ebenfalls durch einen Neubau ersetzt“, heißt es weiter.

„Bis zu einem eventuellen Abbruch der Gebäude müssen jedoch vom Gebäudeeigentümer alle Maßnahmen ergriffen werden, die einen rascheren Verfall der Bauwerke verursachen,“ wird angemerkt. Warum wurde der Verfall aber nicht schon vor Jahren gestoppt?

Die Wiener Bauordnung sieht eine Erhaltungspflicht vor: „Der Eigentümer hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.“ Wie kann es also sein, dass beide Gebäude schon so offensichtliche Schäden aufweisen?

Bereits bei der Änderung des Bebauungsplans im Jahr 2012 war das Problem evident: „Südlich des Hauptgebäudes befindet sich ein in schlechtem Bauzustand befindlicher Bauteil, welcher abgebrochen werden soll“, wurde damals im Erläuterungsbericht der Stadt Wien festgestellt. Sieben Jahre sind seither vergangen und es ist zu keinen erkennbaren Reparaturen gekommen. Sollten die historischen Kliniken von Vornherein abbruchreif gemacht werden? Oder floss das für die Sanierung benötigte Geld ausschließlich in das über 1,3 Milliarden Euro teure Krankenhaus Nord, das ursprünglich nur rund 950 Millionen kosten sollte?

Die Baupolizei (post@ma37.wien.gv.at), die zum Ressort von Stadträtin Kathrin Gaal gehört, kann Reparaturen anordnen. Nachdem der schlechte Gebäudezustand seit langem bekannt ist, zieht auch das Argument „Abbruchreife“ nicht – immerhin wurde der Zustand ja über Jahre hinweg nicht behoben.  Alleine der auf einem Dach wachsende Baum zeugt davon.

Sanierung ist möglich!

Stadtrat Peter Hacker hat die Möglichkeit, die Abrisspläne zu stoppen. Er ist für die Wiener Spitäler zuständig und kann somit die Weichen in Richtung Sanierung stellen.

Die anderen historischen AKH-Kliniken sind heute vorbildlich saniert und werden u.a. von der Medizinischen Universität Wien und der Krankenhausverwaltung genutzt. Der Altstadterhaltungsfonds, der zum Ressort von Stadträtin Veronica Kaup-Hasler gehört, hat maßgeblich zu der Sanierung beigetragen. Warum sollte das also nicht auch bei den beiden Jugendstil-Kliniken möglich sein?

"Neue Kliniken" des Wiener AKH, I. Medizinische Klinik, Kinderklinik
Historische Kliniken vor 1945 (Ansichtskarte, Privatbesitz)

Genügend Flächen für neue Gebäude

Am Gelände des AKH gibt es noch genügend Flächenreserven. Alleine die Bauplätze der drei rund 50 Meter hohen Schwesterntürme mit ihren grauen, abweisenden Fassaden, bieten viel Platz für neue Gebäude. Diese alten Personalwohntürme aus den 1960ern sind ohnehin bereits teilweise leer und sollen durch neue Gebäude ersetzt werden. Zudem sind die „Kliniken am Südgarten“ (erbaut 1968-74) zum Teil so niedrig, dass eine Modernisierung und Aufstockung sinnvoll erscheint.

Was würde die Stadt Wien international für ein Bild abgeben, wenn kunsthistorisch wertvolle Gebäude abgerissen werden, während daneben triste Betonkolosse stehen bleiben dürfen? Und wie groß wäre die Aufregung, würde das zur selben Zeit errichtete historische Otto-Wagner-Spital abgerissen?

Kinderklinik vor 1945 (Ansichtskarte, Privatbesitz)

Architekt Emil von Förster: Weitere Werke in Wien