Nachkriegsarchitektur: Fabrik in Aspern abgerissen

Im 22. Bezirk ist ein Stück Nachkriegsarchitektur verloren gegangen. Das Denkmalamt soll Interesse an einer alten Fabrik in Aspern gezeigt haben. Aber der Eigentümer kam der Prüfung offenbar zuvor – durch einen Abriss.

Nach 1945 errichtete Gebäude genießen in Wien keinerlei Schutz. Sie können ohne vorherige Prüfung abgerissen werden.

Fabrikgebäude aus der Nachkriegszeit in Wien-Aspern, 22. Bezirk
Die Fabrik in der Groß-Enzersdorfer Straße 12 wurde 2021 abgerissen. (Foto: 2021)

Fabrik abgerissen

Das Gebäude im alten Ortskern von Aspern wurde um 1960 errichtet. In der Fabrik dürften zumindest früher Schreibwaren produziert worden sein.

Fabrikgebäudes in Aspern, Wien-Donaustadt
Fabrik in der Groß-Enzersdorfer Straße 12 (Foto: Mai 2021)

Im November 2021 war das Gebäude bereits restlos demoliert:

War Denkmalschutz geplant?

Die gut erhaltene Fabrik war ein interessantes Zeugnis der Wiener Architektur nach 1945. Die klare und farblich freundliche Ästhetik fällt auch im Vergleich zur Industriearchitektur späterer Jahrzehnte auf, wo oft Wellblechfassaden, große Hallen und graue Farben überwiegen.

Fassade eines Gebäudes aus der Nachkriegszeit in Aspern, Wien-Donaustadt
Fabrik in der Groß-Enzersdorfer Straße 12: erbaut um 1960, Abriss 2021 (Foto: 2021)

Wer der Architekt war, ließ sich nicht ermitteln. Klar ist aber, dass es von solchen Gebäuden nicht viele in Österreich gibt. Das ist wohl auch der Grund, warum das Bundesdenkmalamt Interesse gezeigt haben dürfte. Wie so oft war der Eigentümer aber schneller. So ist auch das potenzielle Denkmal verloren. Das verweist auf rechtliche Mängel im Denkmalschutz, denn Gebäude sollten zumindest so lange geschützt sein, bis das Denkamt seine Prüfung abgeschlossen hat.

Fabrikgebäude in Aspern, Wien-Donaustadt
Groß-Enzersdorfer Straße 12 (Foto: 2021)

Kein Schutz für Nachkriegsarchitektur

Beim Schutz von alten und weniger alten Gebäuden regiert in Österreich das Prinzip Laissez-faire. Zwar braucht es seit 2018 zumindest in Wien eine Genehmigung, um vor 1945 errichtete Häuser abzureißen. Doch lässt sich auch das leicht umgehen (z. B. in der Braungasse in Hernals und der Hohenbergstraße in Meidling). Davor hatte es überhaupt gar keinen Schutz für die meisten Gebäude gegeben.

Noch schlechter steht es um alle nach 1945 errichteten Häuser, die mittlerweile ebenfalls schon De-facto-Altbauten sind. Für sie ist derzeit nur der selten gewährte Denkmalschutz möglich. (Zuständig für den Denkmalschutz ist der Bund, nicht das Bundesland.) Durch das eng gefasste Denkmalschutzgesetz und die personelle Knappheit im Denkmalamt müssen die allermeisten Gebäude der Nachkriegszeit und späterer Bauperioden ohne Schutz bleiben.

Eine Verbesserung könnte die Stadt Wien relativ einfach umsetzen: Abrisse von Häusern, die beispielsweise 30 Jahre oder älter sind, nur noch nach Prüfung durch die Abteilung für Architektur. Für das Stadtbild bzw. historisch bedeutende Häuser und die darin verbauten Ressourcen könnten damit besser erhalten werden.

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