Donau City: Keine Stadt in der Stadt

Die Donau City sollte einst ein zweites Wiener Stadtzentrum werden. Geworden ist das Hochhausviertel etwas ganz anderes. Der Stadtteil an der Donau ist gekennzeichnet durch harte Ästhetik, menschenleere Flächen und ein Nebeneinander riesiger Gebäude.

Donau City, moderne Architektur, hohe Wohnhäuser, Straße, Auto
Donau City im 22. Bezirk (Foto: 2021)

Die Pläne für den Stadtteil gehen auf einen Wettbewerb im Jahr 1990 zurück und wurden danach immer wieder tiefgreifend verändert. Entstanden ist ein radikaler wie auch investorengesteuerter Städtebau, der sich diametral von der historisch gewachsenen Stadt und den Vorstellungen des 19. Jahrhunderts – also der in Wien so präsenten Gründerzeit – unterscheidet. Die meisten Gebäude in der Donau City wurden um das Jahr 2000 errichtet. Die letzten freien Bauplätze werden in den kommenden Jahren bebaut. Entwickelt wurde die Donaucity von der WED (Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum), die mehreren Banken und Versicherungen gehörte, von denen letztlich die Bank Austria übrig blieb.

Dieser Artikel ist fokussiert auf die Perspektive des Fußgängers, auf das Erdgeschoß und die öffentlichen Räume. Sowie auf Begrünung, Materialität und Architektur.

Luftaufnahme der Donau City in Wien, Hochhäuser, Donauufer, Vienna International Centre, DC-Tower, Autobahn
Donaucity (Foto: 2019, Stadt Wien/Christian Fürthner)

Graues Entrée

Seit 1979 ist Wien ein Sitz der Vereinten Nationen. Die von 1973-79 erbaute UNO-City – eigentlich: Vienna International Centre – mit ihren geschwungenen Baukörpern bildete den Grundstein für weitere Entwicklungen zwischen dem alten Kaisermühlen und dem heutigen Donaupark. Die Vereinten Nationen leihen ihren Namen einem Platz, der am Eingang zur Donaucity liegt. Die Gestaltung beschränkt sich auf Asphaltflächen, Straßen und graue Farben. Unterwegs sind hier vor allem die Angestellten der örtlichen Bürotürme.

Schon hier wird die Teilung in mehrere Ebenen sichtbar: Unterhalb Auto- und Zulieferverkehr, oberhalb Fußgänger. Diese Konstruktion erschwert vielerorts die Begrünung der öffentlichen Flächen.

Austria Center

Das 1987 eröffnete Austria Center ist ein indes mehrfach umgebautes Konferenzzentrum, in dem über 22.000 Personen Platz finden können. Das 2020 errichtete Vordach passt sich farblich und mit seiner klobigen Form an die Umgebung an und verleiht dem nach Bundeskanzler Bruno Kreisky (1911-1990) benannten Platz eine düstere Atmosphäre. Das vorherige Dach aus Holz wurde nach nur 12 Jahren wieder entfernt.

Die verschiedenen Ebenen der Donau City sind auf der Aufnahme unten gut zu erkennen:

Graue Promenade

Die Carl-Auböck-Promenade verläuft durch die ganze Donaucity, gesäumt von zahlreichen Hochhäusern. Nahe an der U-Bahn stehen Bürohäuser; Wohnhäuser sind weiter entfernt, damit aber auch näher am großen Donaupark. Die Promenade selbst ist eine graue Asphaltfläche, an der sich Bäume und vereinzelt Geschäfte befinden. Berüchtigt sind hier, aber auch anderswo in der Donaucity, die teils starken Windböen. Der in Donaunähe ohnehin beträchtliche Wind wird durch die Hochhäuser noch verstärkt.

Das Foto unten zeigt einen Kinderspielplatz neben der Carl-Auböck-Promenade. Da die gesamte Fußgängerebene aufgeständert ist (darunter fahren und parken Autos), sind umfangreiche Begrünungen hier nicht zu finden.

Grauer Wohnpark

Der von 1996-2000 errichtete Wohnpark Donaucity umfasst 1600 Wohnungen. Die Wohnhausanlage setzt sich aus mehreren Bauteilen zusammen, die von verschiedenen österreichischen Architekturbüros geplant wurden. Auffällig in der äußeren Gestaltung sind die vielen Balkone und Loggien, die grauen Farben und die Verwendung von Sichtbeton und Wellblech für Fassaden. Die Erdgeschoßzonen werden dominiert durch kahle Wände, Wohnungen und konstruktive Bauteile (Pfeiler).

Der Wohnpark Donaucity wurde unter Bürgermeister Michael Häupl und Wohnbaustadtrat Werner Faymann (beide SPÖ) errichtet. Faymann sagte 1999, anlässlich der Eröffnung des Wohnparks:

Während in anderen europäischen Großstädten in einer derart hochwertigen Lage ausschließlich freifinanzierte Luxusprojekte möglich wären, dokumentieren die Stadt Wien und der Bauträger, die Donau City Wohnbau AG, mit diesem Projekt den hohen Stellenwert
des sozialen Wohnbaus auch in der Gegenwart. Denn die Wohnungen auf der Donauplatte sind aufgrund der Wohnbauförderung auch für Durchschnittsverdiener leistbar. Darüber hinaus zeichnen sie sich auch durch einen besonderen hohen ökologischen Standard sowie architektonische Vielfalt aus

Der Stadtplaner und Publizist Reinhard Seiß schreibt in seinem Buch Wer baut Wien? über den Wohnpark:

So exklusiv die Bürotürme gestaltet wurden (…), so konventionell wurde der Wohnpark Donau City geplant, weshalb er – von einigen Gunstlagen abgesehen – frei finanziert vermutlich nur schwer verwertbar gewesen wäre. Daher bedurfte es für die Besiedlung der „Platte“ des Motors Wohnbauförderung (…)

Der vermeintlich direkte U-Bahn-Anschluss durch die U1 Station Kaisermühlen – Vienna International Centre bedeutet für die Bewohner einen täglichen Fußweg von rund 500 Metern, was im innerstädtischen Bereich den Abstand zweier U-Bahn-Stationen entspricht. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Wohnungen im hintersten Teil der „Platte“ placiert wurden, die Gunstlagen blieben den Bürotürmen (…) vorbehalten. Unweit des Wohnparks endet auch der Tunnel der A22, wodurch dieses Quartier wie kein anderer Bereich der Donau City von Verkehrslärm beeinträchtigt wird.

An einer Seite bildet der Wohnpark Donaucity die Front zum Donaupark. Hier bietet sich eine unverstellte Aussicht auf Park, Donau, Kahlenberg und die Donauufer Autobahn.

Auf Beton gesetzt

Unterhalb des vom Architekturbüro Delugan-Meissl errichteten Bauteils liegen ein Bürohaus und eine kaum nutzbare Freifläche.

Kindergarten unter Beton

Unterhalb des Wohnparks ist auch ein Kindergarten untergebracht, dessen Umgebung sich durch Sichtbeton-Stützen auszeichnet.

Spiel und Grün im Graben

Umgeben von hohen Wohnhäusern liegt eine kleine Grünfläche mitsamt Spielplatz. Es handelt sich quasi um eine von Betonmauern umgebene Senke.

Umgeben von Grau: DC Living

Das 60 Meter hohe DC Living wurde 2015 nach Plänen des Architekturbüros Baumschlager Hutter erbaut. Umgeben wird das über 800 Wohnungen fassende Hochhaus u. a. vom Wohnpark Donaucity, der hier mit zwei plattenbauartigen Gebäudeteilen eine massive Front bildet. Der öffentliche Raum besteht aus Asphalt, Beton und aufgeschütteten Grünflächen. Geschäfte und Lokale gibt es nahezu keine.

Marcel Prawy-Promenade

Vor dem 100 Meter hohen Ares-Tower, einem Büroturm, befindet sich eine Freifläche, die aktuell keine besondere Nutzung erfährt.

Zwischen Plattenbau und Grünoase

Die Gilberto-Bosques-Promenade schließt die Donaucity hin zum Donaupark ab. Die durch Asphalt und Beton geprägte Fläche ist oft erstaunlich leer. Platz für Geschäfte und Lokale gibt es nicht.

Schule auf der Autobahn

Die von Hans Hollein geplante und 1999 fertiggestellte Volksschule befindet sich oberhalb der Einhausung der Donauufer Autobahn. Abgesehen von der für Architekt Hollein charakteristischen Welle (Dach links auf dem Foto unten) ist das Schulgebäude in seiner Form und Materialwahl an die übrige Donaucity angepasst.

Direkt vor der Schule ist eine Zufahrt zur Donaucity:

Mischek-Tower

Der 110 Meter hohe Wohnturm bietet den Bewohnern einen Blick auf den großen Donaupark und die Autobahn. Außen beschränkt sich das Gebäude auf graue Farben und eine minimalistisch-funktionalistische Gestaltung, die deutlich älter erscheint als das Baujahr 2000.

Isidro-Fabela-Promenade

Die breite Fußgängerebene läuft unten dem Bürohaus Tech Gate hindurch und verbindet den Platz vor der U-Bahn-Station Kaisermühlen mit dem Copa Beach genannten Flussufer der Donau.

Aristides-de-Sousa-Mendes-Promenade

Der Fußgängerweg mit dem ungewöhnlich langen Namen liegt zwischen Austria Center und dem Platz vor der U-Bahn. An der Seite befinden sich aufgeschüttete Grünflächen, weiter hinten eine Straßenschlucht.

Die Kunst des Betons

WienSchauen berichtet regelmäßig über die neuere Wiener Architektur. Viele Merkmale, die die Neubauarchitektur kennzeichnen, sind in der Donaucity omnipräsent: graue Farben, Sichtbeton, riesige Kubaturen, fehlende Kleinteiligkeit, fehlende Abwechslung, tote Erdgeschoßzonen und teils fehlende Begrünung.

Viele öffentliche Räume sind durch konstruktive Stahlbeton-Elemente geprägt, die an einigen Stellen in wohl rein „dekorative“ Formen übergehen. Ob nackter Beton für eine Wohnumgebung als ästhetisch ansprechend empfunden wird, ist eine andere Frage.

Graue Straßenschluchten

Die aufgeständerte Bauweise – die gesamte Fußgängerebene ist mehrere Meter über dem eigentlichen Boden – lässt immer wieder Blicke auf die darunterliegende Ebene zu. Inwiefern es sich dabei um absichtlich geschaffene „Schluchten“ bzw. Öffnungen handelt, ist nicht immer ganz klar. Die harte Ästhetik des ganzen Stadtteils wird dadurch jedenfalls noch untermauert.

Wohnen über der Autobahn

Die Donaucity als Stadtteil wurde überhaupt erst durch die Überplattung der A22 Donauufer Autobahn möglich. Die Einhausung – Baubeginn: 1993 – erschwert die Begrünung auf der Oberfläche, da der Kontakt zum Erdreich fehlt. Problematisch ist auch die Nähe zum Wohnpark (langes Gebäude am Foto unten), der nahe an der Tunneleinfahrt liegt.

Plätze für das Auto

Die weiten Flächen für Fußgänger und Radfahrer auf der Donaucity könnten den Eindruck eines modernen Stadtteils erwecken, der auch im Sinne der Mobilität zeitgemäß gestaltet ist. Obwohl anfangs wohl nicht intendiert, geht das gebaute Ergebnis eher in Richtung „autogerechte Stadt“: Die vielen Straßen und Garagen führen nämlich dazu, dass der Autoverkehr bevorzugt wird und der Aufenthalt im öffentlichen Raum seine Selbstverständlichkeit verliert. Das zeigt sich auf der Fußgängerebene auch daran, dass häufig sehr wenig Leute unterwegs sind und folglich auch das Angebot an Geschäften und Lokalen vergleichsweise gering ist. Da bereits bei der Planung die Erdgeschoße so eingerichtet wurden, dass Geschäfte, Lokale und kleine Unternehmen dort fast keinen Platz finden können, dürften die heute oft toten öffentlichen Räume auch der ursprünglichen Vision für den Stadtteil entsprechen. Zudem muss die Fußgängerebene erst durch Stiegen und Rampen erklommen werden, wodurch sie als Barriere wirkt und nicht nahtlos in die Umgebung übergeht (ein Extremfall einer solchen Planung ist „Towntown“ über der U3-Station Erdberg).

Donauufer: Grün trifft Asphalt

Das Ufer der Neuen Donau wurde 2021 neugestaltet. Neue Grünflächen wurden geschaffen, neue Bäume gepflanzt.

Weite Flächen wurden bei der Neugestaltung asphaltiert. Auf eine mikroklimatisch – Stichwort: Hitze – und ästhetisch bessere Naturstein-Pflasterung ist verzichtet worden. Asphalt ist in Wien auf fast allen Gehsteigen und Plätzen der bevorzugte Bodenbelag.

Die Uferflächen wurden 2021 erneuert. Die Gebäude waren einige Jahre zuvor errichtet worden.

Donaupark

Die über 600.000 m² große Parkanlage wurde im Zuge der Internationalen Gartenschau („WIG 64“) geschaffen. Zuvor hatten sich hier eine Mülldeponie und ein Bretteldorf („wilde“ Siedlungen und kleine Häuser) befunden. Im Zuge der Gartenschau wurde von 1962-1964 auch der Donauturm errichtet.

Durch die erhöhte Lage der Donaucity ergibt sich kein fließender Übergang in den Park. Die Verbindung erfolgt durch Rampen und Stiegen.

Donau City - zwischen Vision und Scheitern

Die lange Bilderstrecke in diesem Artikel rückt vor allem den öffentlichen Raum und die Ausgestaltung der Erdgeschoße ins Blickfeld. Nicht berücksichtigt sind das Innere der Gebäude, die Qualität von Wohnungen und Büros, sowie nicht ohne weiteres zu fassende wirtschaftliche und politische Interessen, die hinter den Plänen und einzelnen Gebäuden stehen.

Was ist nun die Donaucity, dieser nach über dreißig Jahren noch immer nicht fertiggestellte Stadtteil an der Donau? In gewisser Weise ein gebrochenes Versprechen eines Modernismus, der während seiner Planung und immer wieder erfolgten Umplanung vielleicht schon wieder veraltet war. Das Resultat investorengetriebenen Städtebaus und eklatanter Planungsschwäche der Wiener Stadtpolitik. Ein Ort, der zwischen der unmittelbaren Nähe zu großen Naherholungsgebieten und einer Architektur extremster Härte und Kälte changiert. Eine Planung, die – ganz wörtlich genommen – nicht mehr den Maßstab des Menschen im Blick hatte.

Die Donau City verkörpert in gewissem Sinne das, was in der Neubau-Architektur und der Gestaltung des öffentlichen Raums in Wien Usus ist: durch und durch graue Farben, viel Asphalt und Beton, übergroße Maßstäbe, Monotonie, auto-orientierte Planung, tote Erdgeschoßzonen. Auch bei den Fassaden regiert eine unübersehbare Härte (Beton, Metall, Blech, Glas, nur graue Farben). Auf weiche Gestaltung wurde verzichtet (schmalere Gebäude, Abwechslung, Holz, Naturstein, Sichtziegel, Dekor, detailreiche Gestaltung, offene Erdgeschoßzonen, freundliche Farben). Die meisten Gebäude sind monofunktional – es sind also überwiegend entweder Wohnhäuser oder Bürohäuser. Eine durchgehend flexible Mischung wie bei Gründerzeithäusern findet sich nicht.

Stimmen zur Stadt

Die komplexe Planungsgeschichte der Donau City kann hier nicht umfassend dargestellt werden, findet sich aber ausführlich auf der Webseite des Stadtforschers Robert Temel. Interessant ist es, die Aussagen eines Vertreters der Stadt Wien jenen von Kritikern gegenüberzustellen. Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ) sagte etwa 2002, als noch der Bau einer Universität auf einem der Bauplätze angestrebt wurde:

Durch diesen neuen Stadtteil mit einer spannenden Kombination aus zukunftsweisender Architektur, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sowie einem attraktiven Wohnangebot rückte die Stadt einen entscheidenden Schritt näher an die Donau.

2010 erklärte Schicker:

Mit der Donau City ist Wien eindrucksvoll an die Donau gerückt (…) Der neue Masterplan [mit weiteren Hochhäusern] ist die Grundlage dafür, dass weitere spannende Architektur stattfinden kann. Die Donau City bietet alles, was einen urbanen, neuen Stadtteil mit hoher Lebensqualität auszeichnet

Im selben Jahr hieß es anlässlich des Baubeginns des DC-Towers in einer Presseaussendung der Donau City-Entwicklungsgesellschaft:

Bürgermeister Dr. Michael Häupl unterstrich in seiner Festrede, dass das Vorzeigeprojekt in der Donau-City neue Maßstäbe für die Stadt Wien setze. Die gesamte VIENNA DC Donau-City sei ein gelungenes Beispiel für die erfolgreiche Erschließung attraktiver neuer Standorte. Durch dieses neue Projekt werde ein weiterer Grund- und Meilenstein des modernen Wiens gelegt.

Doch selbst einer der wichtigsten Planer sieht das Projekt kritisch. Der bekannte Architekt Adolf Krischanitz …

… bekennt auch frank und frei, wieso es kam, wie es unter hiesigen Planungsgegebenheiten womöglich kommen musste: Das offene Spiel, das der Masterplan anstrebte, mutierte in Händen einer auf Gewinn zielenden Entwicklungsgesellschaft „zur reinen Willkür“. Und: „Schließlich kam es, und kommt es noch immer, zu hilflosen Identitätsgesten durch Errichten von Hochhäusern.“

2014 erklärte Krischanitz gegenüber der Deutschen Bauzeitung:

[D]ie städtebaulichen Überlegungen [wurden] aus wirtschaftlicher Panik partikulären Interessen geopfert – mit dem Erfolg, dass wir heute ein beziehungsloses Nebeneinander von monofunktionalen Hochhäusern haben, uninteressante, windexponierte öffentliche Räume im Inneren sowie unbewältigte Situationen an den Rändern und Übergängen. Damit stellt die Donau City mit Sicherheit keinen urbanistischen Fortschritt dar

Die Planungen und Probleme der Donau City haben unzählige Experten beschäftigt. Der Stadtplaner und Publizist Reinhard Seiß schrieb 2014:

Eine ursprünglich erhoffte Zentrumsfunktion für die beiden boomenden Stadterweiterungsbezirke nördlich der Donau mit insgesamt 280000 Einwohnern wird die Donau City aber wohl ebenso wenig erlangen wie das urbane Flair innerstädtischer Bezirke. Zum einen führen die Verkehrsströme aus den weitläufigen Wohngebieten von Floridsdorf und Donaustadt mehrheitlich an der Donau City vorbei. Zum anderen fehlt dem insulären Standort – begrenzt von der Donau, dem weitläufigen Donaupark, dem Wiener UNO-Hauptquartier sowie einer vierspurigen Ausfallstraße – ein unmittelbares Hinterland. Und schließlich ist die Bewohnerzahl auf der »Platte« selbst viel zu gering, um mehr als eine Mindestversorgung durch Handel, Dienstleistungen und Gastronomie herzustellen (…)

Der öffentliche Raum verkommt so mangels verbindlicher Gesamtkonzepte mehr und mehr zur ungeplanten Restfläche – rings um autistische Solitärbauten auf jeweils unterschiedlichen Niveaus.

In seinem Buchklassiker Wer baut Wien? schrieb Seiß:

[D]ie Stadt [vergab] frühzeitig die Chance, Wiens erstes Hochhausviertel als räumliches und bauliches Gesamtkunstwerk zu gestalten und überließ die urbanistische Verantwortung den Investoren und Bauträgern […]

Die Maximierung von Pkw-Parkplätzen bei den Umplanungen hatte nachhaltige Folgen, denn …

… [e]ine üppige Begrünung beider Ebenen [Fußgänger- und Kfz-Ebene] wurde dadurch verhindert. Die verkehrsfreie Null-Ebene bietet zum einen weitläufige öffentliche Räume, die in der überwiegenden Zeit des Jahres – weil wind- und wetterexponiert – nur eingeschränkt nutzbar sind. Zum anderen herrscht mancherorts erdrückende Enge zwischen den hohen, sich nach außen verschließenden Baukörpern (…)

Tatsächlich setzte sich [im Verlauf der Planung] ein beziehungsloses Nebeneinander von solitären Bürotürmen gegenüber der Idee eines in sich abgestimmten Ensembles durch (…) 

Bereits 2008 schrieb die Tageszeitung Die Presse:

Das Image der „Geisterstadt“ begleitet die DC von Anfang an. Sieht man vom Pfeifen des Windes ab, ist es hier an den Vormittagen – auch dank des fehlenden Autoverkehrs – tatsächlich ziemlich still und leer. Wie auch an Nachmittagen. An den Abenden sowieso. Das ändert sich nur zwei Mal am Tag: Morgens, wenn die 5000 Menschen die in den Türmen arbeiten, in die Büros eilen – und am späten Nachmittag, wenn sie diese wieder verlassen und in die U1-Station eintauchen.

In einem Artikel der NZZ von 2014 ist zu lesen:

Wien liegt an der Wien und hat sich wegen der Hochwassergefahr baulich lange nicht zur Donau hin geöffnet. Erst als mit der Donauregulierung in den 1870er Jahren die Alte Donau zum ruhigen Gewässer wurde, änderte sich dies. Die Initialzündung für die Bebauung der Donau-Auen war die Gartenschau von 1964, in deren Folge das ehemals als Mülldeponie und Schrebergarten-Areal genutzte Gelände zum Hochhausviertel umgewidmet wurde. Im Jahr 1979 baute man die Uno-City, in der das Herz des diplomatischen Wien schlägt. Der Wiener Sitz der Vereinten Nationen und die riesigen Kongresszentren drumherum gaben einen unguten städtebaulichen Großmaßstab für die weitere Entwicklung der Donau-City.

Um den DC Tower, das bis dato höchste Haus des Landes, bauen zu können, änderte der Wiener Gemeinderat 2007 unter Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) den Bebauungsplan. Die Wiener Zeitung berichtete 2014:

Das „besondere“ Verhältnis der Stadt Wien zur [Entwicklungs- und Eigentümergesellschaft der Donaucity] WED wird auch durch die im Jahr 2007 durchgeführte Umwidmung sichtbar. Bis dahin durfte auf der Fläche, auf der nun der DC-Tower steht, bis zu einer maximalen Höhe von 120 Metern gebaut werden. Im Jahr 2007 folgte die Umwidmung auf 220 Meter, genau jene Höhe, die der Turm bis zur Oberkante des Gebäudes erreicht – die 30 Meter hohe Antenne zählt wie bereits erwähnt in diesem Fall nicht zum Gebäude. Doch auch hier entging der Stadt viel Geld. Denn von der Umwidmung, die nun eine fast doppelt so hohe Baumöglichkeit vorsieht, profitiert ausschließlich die WED.

Wolfgang Freitag in der Presse (2015):

Was haben wir uns nicht alles von der Überbauung der Donauuferautobahn nächst der Reichsbrücke versprochen. „Wien an die Donau“ lautete die Devise, und viel war von einem neuen urbanen Mittelpunkt für das rasant wachsende Transdanubien die Rede. Resultat: „Das abschreckende Beispiel einer beliebigen Ansammlung von Hochhäusern mit einer Unwirtlichkeit der öffentlichen Räume, die ihresgleichen sucht.“ So der Befund des Wiener Architekturpublizisten Otto Kapfinger (…)

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Die Bezirksvorstehungen sind die politischen Vertretungen der einzelnen Bezirke. Die Partei mit den meisten Stimmen im Bezirk stellt den Bezirksvorsteher, dessen Aufgaben u.a. das Pflichtschulwesen, die Ortsverschönerung und die Straßen umfassen.

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Vizebürgermeisterin und Stadträtin Kathrin Gaál untersteht die Geschäftsgruppe Wohnen. Zu dieser gehören u. a. die Baupolizei (kontrolliert die Einhaltung der Bauvorschriften u. dgl.), Wiener Wohnen (Gemeindewohnungen) und der Wohnfonds (Fonds für Neubau und Sanierung).

(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)

Quellen und weitere Infos

WienSchauen.at ist eine unabhängige, nicht-kommerzielle und ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzierte Webseite, die von Georg Scherer betrieben wird. Ich schreibe hier seit 2018 über das alte und neue Wien, über Architektur, Ästhetik und den öffentlichen Raum.

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