Utrecht: Plätze im Wandel der Zeit

Utrecht ist die viertgrößte Stadt der Niederlande. Die Plätze im Stadtzentrum sind attraktiv und im Sinne progressiver Verkehrsplanung gestaltet. Das war nicht immer so.

Dieser Artikel zeigt, wie sich einige Plätze in Utrecht im Laufe der Zeit verändert haben. Mit Fotos vom 19. Jahrhundert bis heute.

drei Aufnahmen einer Straße in Utrecht
Foto links: Het Utrechts Archief, Publiek Domein; Mitte: Ph.G. Grisel / Het Utrechts Archief, Nr. 848406, CC-BY-4.0; rechts: Georg Scherer

Das ist der dritte Artikel über den öffentlichen Raum in Utrecht. Der Artikel über größere Straßen ist hier, der über kleinere hier zu finden.

Janskerkhof

Einer der ältesten Plätze der Stadt. In der Mitte liegt die Janskerk, eine Kirche, deren Baubeginn ins 11. Jahrhundert fällt.[4] Der öffentliche Raum ist heute durch einen Mix aus autofreien Flächen und Straßen geprägt, bei der Detailgestaltung fallen Klinkerpflaster und stilistisch passende Straßenlaternen auf.

Schon in den 1980ern (zweites Foto von unten) führte ein baulich von der Kfz-Fahrbahn getrennter Radweg an der Kirche vorbei.

Die Fahrbahnen sind heute deutlich schmäler als noch in den 1960ern. Früher fuhren auch Straßenbahnen über den Platz, heute noch Busse.

Auf den Fotos unten wird deutlich, dass der öffentliche Raum vor dem Aufkommen des Automobils quasi durchgehend „shared space“ war – Fußgänger, Straßenbahnen und Fuhrwerke teilten sich eine gemeinsame Fläche. Dieses Konzept hat heute wieder Relevanz, sofern der motorisierte Individualverkehr reduziert wird.

Die Universität Utrecht, die hier einen Sitz hat, schreibt über den Platz:

Der Janskerkhof ist ein historischer Platz in Utrecht, an dem sich die Janskerk (Johanneskirche) und die ehemalige Staatskanzlei befinden. Hier befindet sich die juristische Fakultät der Universität Utrecht, und es gibt viele Geschäfte und Restaurants. Jeden Samstag findet hier auch ein Blumenmarkt statt. Es gibt mehrere Denkmäler zu bewundern, z. B. die Anne-Frank-Statue aus dem Jahr 1960 von Pieter d’Hont und das Reiterstandbild des Heiligen Willibrord aus dem Jahr 1947 von Albert Termote. [3]

Auf der Rückseite des Platzes wurden die Flächen für Kfz stark reduziert. Attraktiv wirkt der Platz durch die vielen hohen Bäume. Da auf großflächige Entsiegelung (offene Grünflächen um Bäume usw.) verzichtet wurde, ist der Platz weiterhin gut urban nutzbar und kein Park.

Mariaplaats

Ein langgestreckter Platz, der von einer Brücke über den nahen Kanal bis ins Zentrum reicht. Die von der Brücke ausgehende Straße war lange Zeit auf den Autoverkehr ausgerichtet. Heute sind die Flächen für Kfz deutlich reduziert.

Auch auf dem in den Platz einmündenden Springweg war früher viel Platz für den motorisierten Individualverkehr. Heute ist verkehrlich wieder ein ähnlicher Zustand wie im frühen 20. Jahrhundert erreicht – mit Vorrang für Fußgänger und Radfahrer.

Die Fläche vor dem in den 1840ern erbauten „Gebäude für Kunst und Wissenschaft“ hat sich in fast 100 Jahren deutlich verändert:

Auch jener Teil des Platzes, der in die Zadelstraat mündet, ist heute im Sinne des Fußgänger- und Radverkehrs gestaltet. Von der noch in den 1970ern bestehenden Asphaltfahrbahn ist nichts mehr zu sehen.

Die Platzmitte wurde früher als Parkplatz genutzt.

Ganzenmarkt, Korte Minrebroederstraat

Ein Platz und eine Straße im Stadtzentrum, heute eine Fußgängerzone.

Noch 2008 verstellten geparkte Fahrzeuge den Platz.

Der Ganzenmarkt und die anschließende Korte Minrebroederstraat gehören zum verkehrsberuhigten Zentrum Utrechts.

Anders als früher ist der Platz heute eine autofreie Fläche.

Auf dem Ganzenmarkt befindet sich der Eingang zu einem Tunnel zur Oudegracht, dem nahen Kanal. Der Abgang ist auf dem zweiten Foto in der Mitte zu sehen.

Die an den Ganzenmarkt anschließende Korte Minrebroederstraat ist zu einer Fußgängerzone geworden:

Das auffällige Gebäude auf den beiden nächsten Fotos ist ein im Jahr 2000 fertiggestellter Trakt des Rathauses. Das Gebäude wurde vom spanischen Architekten Enric Miralles geplant:

Ziel des Projekts war es, den Wert der Innenräume des bereits bestehenden neoklassizistischen Gebäudes wiederzuentdecken. (…) Darüber hinaus sollte die Idee eines Stadtamtes als Konglomerat verschiedener städtischer Strukturen wieder aufgegriffen werden, in dem sich unterschiedliche Stile und Materialien als Spiegelbild der Vielfalt der Baukunst in der niederländischen Stadt vermischen. Um dies zu verwirklichen, wurden Materialien wie Ziegel und Pfosten und Stürze aus Stein, die aus dem Abriss von Teilen des bestehenden Gebäudes stammten, erhalten und wieder zusammengefügt. [5]

Domplein

Der Utrechter Dom ist im Kern aus dem 13. Jahrhundert. Der Platz vor dem Dom ist teils erst durch den Einsturz eines Kirchenschiffs im 17. Jahrhundert entstanden, wodurch Kirche und Kirchturm bis heute durch eine freie Fläche voneinander getrennt sind. Früher als Parkplatz genutzt, heute eine Fußgängerzone.

Die Fotos unten zeigen das Academiegebouw der Universität Utrecht, ein Ende des 19. Jahrhunderts errichtetes Gebäude im Stil der Neorenaissance. Davor ist eine Statue von Jan van Nassau, einem Grafen des 16. Jahrhunderts.

Durch den Domplatz verlief noch in den 1990ern eine Autostraße.

Neude

Einer der belebtesten Plätze der Stadt. Früher vom Pkw-Verkehr geprägt, heute von Radfahrern und Fußgängern genutzt.

Der Wandel in der Nutzung des öffentlichen Raums ist hier klar zu sehen:

Wo früher ein Parkplatz war, sind heute Gastgärten.

Die Belebung durch die Entfernung des Kfz-Verkehrs ist an dieser Stelle gut zu erkennen:

Im Hintergrund ist der Turm der Domkirche zu sehen:

Das markante Gebäude (Foto unten) wurde 1924 fertiggestellt und diente bis 2011 als Postamt.

Das Postamt ist ein schönes Beispiel für die Amsterdamer Schule, die sich durch die Verwendung ausdrucksstarker und phantasievoller Formen auszeichnet. Der Architekt J. Crouwel jr. ließ sich u. a. von den Arbeiten des finnischen Architekten [Eliel] Saarinen inspirieren. Der Blickfang des Gebäudes ist die Halle mit ihren schönen Parabelbögen aus gelb glasiertem Backstein. [1]

Hinter dem alten Postamt steht ein 1961 erbautes Hochhaus, genannt Neudeflat, das …

… bis 2014 von der Gemeinde Utrecht für Büros genutzt wurde. Die Neudeflat wurde 2015 ab dem zweiten Stockwerk in ein Wohnhaus umgewandelt. Im Erdgeschoss entstand ein öffentlicher Fahrradparkplatz. (…) Das Gebäude sollte höher sein als der Dom, aber nach Protesten wurden mehrere Stockwerke aus dem Entwurf entfernt. (…) In Utrecht hat es immer Widerstand gegen dieses Gebäude gegeben. Die Stadt Utrecht erklärte die Neudeflat 2017 zum städtischen Denkmal und erstickte damit jede Diskussion. [6]

Jacobskerkhof

Auf diesem Platz steht die im 13. Jahrhundert erbaute und später erweiterte Jacobikerk.

Buurkerkhof

Ein kleiner Platz um eine Kirche aus dem Mittelalter.

Der Platz ist heute eine Fußgängerzone.

Abstellflächen gibt es heute nur noch für Fahrräder.

Pieterskerkhof

Ein weiterer, um eine Kirche gelegener Platz.

Auch auf diesem Platz wurden die meisten Parkplätze entfernt.

Vredenburg

Ein Platz, der heute durch ein breites Gebäude von der gleichnamigen Straße abgetrennt ist. Prominent ist das nebenliegende Einkaufszentrum, hinter dem der Hauptbahnhof der Stadt liegt. Im 16. Jahrhundert stand auf dem Platz ein Kastell, dessen Reste bei Grabungen in den 1970ern zum Vorschein kamen.

Vredenburg war früher ein großer Parkplatz.

Der neben der Altstadt gelegene Platz ist zu einer belebten Fußgängerzone geworden.

Wie schon im frühen 20. Jahrhundert (zweites Foto von unten) ist der Platz auch heute wieder auf Fußgänger ausgerichtet.

Auf dem Platz finden immer noch Märkte statt.

Von der einstigen Bebauung sind nur noch Reste vorhanden.

Der Autoverkehr ist von dem Platz und angrenzenden Straßen verschwunden. In der Umgebung gibt es Parkgaragen.

Jaarbeursplein

Ein großer Platz, der seinen Namen von der Jaarbeurs („Jahresbörse“) hat, einem Messezentrum. Platz und Bebauung haben sich seit den 1970ern stark gewandelt.

Der Platz ist heute eine weite freie Fläche, die für Fußgänger und Radfahrer gut nutzbar ist. Unter dem angrenzenden Hauptbahnhof gibt es eine große Fahrradgarage, die den oberirdischen Abstellplatz ersetzt hat. Zahlreiche öffentliche Verkehrsmittel halten auf dem Platz, der als Umsteigepunkt zum Bahnhof dient.

Die Neugestaltung des Platzes wurde 2018 abgeschlossen. Das planende Landschaftsarchitekturbüro:

Als prominenteste Freifläche im Bahnhofsbereich hat [der Platz] sich im 20. Jahrhundert ständig verändert, je nach den Bedürfnissen des Gebiets, vom Busbahnhof bis zum Fahrradparkplatz. Diese Anpassungen, bei denen ständig Platz weggenommen wurde, führten zu einem unübersichtlichen Platz ohne Kohärenz und Klarheit. Die Herausforderung bestand darin, einen einladenden Eingang zur neuen Stadtentwicklung auf der Westseite des Bahnhofs zu schaffen, der Flexibilität bietet, aber auch zum Verweilen einlädt. [2]

Das Gebäude hinter der Straßenbahnstation wurde teilweise abgetragen, dahinter sind Hochhäuser errichtet worden:

Infos, Fotos

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