Obere Amtshausgasse 41: Ende für Gründerzeithaus

Ein Gründerzeithaus in Margareten war von den Behörden zum Abriss freigegeben worden. Das Haus in der Oberen Amtshausgasse sei abbruchreif gewesen. Basis dafür dürften die alten Bestimmungen in der inzwischen reformierten Bauordnung sein, unter denen Abbruchreife relativ einfach zu erreichen war.

Dieser Artikel wurde im September 2025 aktualisiert.

Altbau mit Fassadendekor zwischen einem Haus mit Balkonen und einem anderen Altbau
Das 1878 errichtete Gründerzeithaus in der Oberen Amtshausgasse 41 wurde abgerissen. (Foto: Juli 2025)

Gründerzeithaus mit Fassadenschaden

Wie in vielen Bezirken Wiens haben sich auch in Margareten zahlreiche typische Wohnhäuser des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts erhalten. Während – heute völlig unverständlich – bei unzähligen Altbauten in der Nachkriegszeit die Fassaden abgeschlagen wurden, sind immer noch viele Häuser im Originalzustand. So auch jenes in der Oberen Amtshausgasse 41. Während solche Häuser anderswo saniert werden, geht es hier in Richtung Abriss. Über die genauen Hintergründe ist nichts bekannt, offenkundig ist nur ein oberflächlicher Schaden an der Fassade. Abbruchgenehmigungen werden in Wien von der Baupolizei (MA 37) ausgestellt, die zum Ressort von Stadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) gehört.

Fassade des Gründerzeithauses in der Obere Amtshausgasse 41 in Wien-Margareten
Obere Amtshausgasse 41: Schäden an der Fassade (Foto: 2025)

Abbruchreif oder nicht?

Bekannt wurde der Abbruch erst durch die Beharrlichkeit von Georg Prack, dem Wohnbausprecher der Grünen in Wien (Details hier). Lange hielt die Stadt Wien nämlich die Adressen von Häusern, die wegen Abbruchreife zum Abriss freigegeben wurden oder deren Abriss zumindest beantragt wurde, geheim. Prack forderte Transparenz, zog vor Gericht und bekam Recht. Die Stadt Wien musste die Liste herausgeben, in der sich auch die Adresse Obere Amtshausgasse 41 findet.

Entscheidend ist: War das Haus wirklich nicht mehr sanierbar? Zur Erinnerung: Seit Mitte 2018 gilt ein potenzieller Abriss-Schutz für alle Altbauten in Wien. Abbrüche sind seitdem aber weiterhin immer wieder vorgekommen – mit der Begründung Abbruchreife. Das bedeutet, ein Haus sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr sanierbar. Nach vielen Fällen von Abbruchreife schärfte die Stadt nach und reformierte das Baugesetz (siehe hier).

Es ist anzunehmen, dass beim Haus in der Oberen Amtshausgasse noch die alten Bestimmungen zur Anwendung kamen. So lässt sich vermuten, dass ein Abbruch heute nicht mehr so einfach genehmigt würde wie vor einigen Jahren. Durch die Reform sind die Fälle von Abbruchreife massiv zurückgegangen.

Firma ist Eigentümer

Die Liegenschaft steht im Eigentum der BLS Neudörfl KG. Die Firma ist in der Lindengasse im Bezirk Neubau registriert. Zuvor hatte das Gebäude der Boesch Privatstiftung gehört. Der Verkauf erfolgte 2022 um einen niedrigen siebenstelligen Betrag.

Eingangstor eines Altbaus in Wien
Foto: 2025

Problem Bebauungsplan

Wie so oft ist auch an dieser Stelle der Bebauungsplan interessant. Er dürfte seinen Teil zum Abriss beigetragen haben. Da höher gebaut werden darf, als die alten Häuser hoch sind, werden Aufstockungen und Abrisse wirtschaftlich interessant. Höhere Bauhöhe plus mehr und niedrige Geschoße ergibt mehr Fläche. Das hat das dreigeschoßige Gebäude wahrscheinlich unter Druck gesetzt. Der Bebauungsplan ist noch aus dem Jahr 2002, beschlossen unter Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ). Im ganzen Plangebiet gibt es darüber hinaus keine einzige Ortsbild-Schutzzone.

Anhand der Nachbargebäude (rechts am Foto unten) ist die Wirkung des Bebauungsplans bereits zu sehen. Hier sind es – ästhetisch wenig ansprechende – Aufstockungen. Immerhin wurden die Bestandsbauten nicht abgerissen.

Häuserzeile in Wien-Margareten
Obere Amtshausgasse: höher bauen erlaubt - Abrisse inklusive (Foto: 2025)

Bereits 2023 wurde das Haus zum Abbruch freigegeben.

Historismusfassade
Obere Amtshausgasse 41 im Juli 2025

Abriss

Im September 2025 erfolgte schließlich der Abriss.

altes Haus wird abgerissen
September 2025 (Foto: Initiative Denkmalschutz)

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