Bei einem Gründerzeithaus in der Linzer Straße wurde eine massive Aufstockung errichtet – aber nicht fertiggestellt. Das Haus ist zu einer Investorenruine geworden. Dahinter stehen eine von der Stadt Wien eingerichtete Abrisswidmung und ein offenbar pleitegegangener Investor.
Gründerzeithaus unter Druck
Sieht man sich das Haus auf dem Foto unten an, würde man vielleicht meinen: Die Stadt werde sicher alles tun, um solche Häuser bestmöglich zu bewahren. Weit gefehlt. Weder gilt für das Gründerzeithaus eine Ortsbild-Schutzzone, noch entspricht die maximal erlaubte Bauhöhe dem bestehenden Gebäude. Hier wurde 2004 – aus diesem Jahr ist der Bebauungsplan – beschlossen, dass ungehindert abgerissen werden darf. Dies auch, da der generelle potenzielle Schutz für alle Altbauten erst seit Mitte 2018 gilt (siehe hier).
Investor kauft Gebäude
Das Gebäude steht in Besitz der LNR Linzerstraße 85 Projektentwicklung GmbH, was auf den Investor LNR verweist. Gekauft wurde 2019 während einer Niedrigzinsphase, als in ganz Wien spekulative Bauprojekte Hochkonjunktur hatten. Über viele zu LNR gehörende Firmen wurden inzwischen Insolvenzverfahren eröffnet.
Bebauungsplan erzeugt Druck
Massive Aufstockungen und Abrisse sind kein Zufall. Sie sind die sichtbaren Folgen des von Behörden und Politik festgelegten Bebauungsplans. Vereinfacht gesagt: Darf auf einem Grundstück viel mehr und/oder höher gebaut werden, wird eine umfassende Veränderung wirtschaftlich interessant. Im besten Fall eine Sanierung mit zurückhaltendem Dachausbau. Im schlechtesten Fall ein Totalabriss eines erhaltenswerten Hauses. Irgendwo dazwischen rangiert die mehrere Geschoße umfassende Aufstockung, die erfahrungsgemäß ästhetisch nur selten gelingt.
Im Fall der Linzer Straße ist der Unterschied zwischen Bestand (Altbauten) und Bebauungsplan (höhere Bauhöhe als der Bestand erlaubt) augenfällig. Das Foto unten zeigt die Häuserzeile vor der Transformation.
Zwischen 1998 (Foto oben) und 2023 (Foto unten) hat sich einiges getan. Das linke Haus wurde aufgestockt, für das mittlere Haus wurde um Abriss angesucht, ganz rechts ist es in Richtung Aufstockung gegangen.
Stillstand
2023 wurde noch gebaut, 2025 steht die Baustelle still. Der mehrgeschoßige Aufbau ist im Rohbau steckengeblieben.
Kontakte zu Stadt & Politik
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Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im Jahr 2025.
Verfall und Abrisse verhindern: Gemeinsam gegen die Zerstörung! (Anleitung mit Infos und Kontaktdaten)
Quellen
- Immobilienpleite: Hohe Schulden, kleine Quote (Der Standard, 8.4.2025)
- LNR-Insolvenz: Häuser ohne Verwaltung (ORF, 15.11.2024)
- Konkursverfahren über bekannten Wiener Immo-Entwickler Neugebauer eröffnet (Der Standard, 23.10.2024)
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