Das Ende der Manner-Villa

Die Manner-Villa wurde bis auf einige Mauern und zwei Fassadenfronten abgerissen, der verbliebene Rest wird zu Luxuswohnungen umgebaut. Die tiefgreifenden Veränderungen sind trotz Schutzzone möglich.

Manner-Villa, Baustelle, Kran, Bäume
Manner-Villa in der Klampfelberggassse in Hernals (Foto: 2025)

Historische Villa

Die von 1910 bis 1914 für die Familie des bekannten Wiener Süßwarenherstellers errichtete Villa war historisch und architektonisch bedeutsam. Der Architekt der Villa, Peter Paul Brang, war Schüler des Ringstraßen-Architekten Theophil Hansen. Brang hatte auch das im Zweiten Weltkrieg beschädigte und später abgetragene Dianabad am Donaukanal entworfen. Die Manner-Villa war wohl sein einziges noch erhaltenes Werk in Wien. Bis 2017 bewohnte der Unternehmer Carl Manner das Gebäude.

Villa in Wien-Hernals, Bäume
Manner-Villa im Originalzustand (Foto: 2021)

Schwache Schutzzone

Das Grundstück der Manner-Villa befindet sich in einer von der Stadt Wien eingerichteten Ortsbild-Schutzzone. Eigentlich sollten Gebäude in Schutzzonen vor Abrissen und groben Veränderungen geschützt sein. In der Praxis funktioniert das aber nur bedingt. So werden Abrisse häufig erlaubt, sofern Teile der Fassade stehen bleiben. Auch verhindert die Schutzzone nicht, dass Gebäude durch massige Dachausbauten verändert werden. Zudem werden Zerstörungen von Erdgeschoßfassaden für Garageneinfahrten üblicherweise erlaubt. Das Innere von Gebäuden in Schutzzonen ist gar nicht geschützt – denn das gibt der Gesetzestext der Wiener Bauordnung nicht her.

Villa, großer Garten mit hohen Bäumen
Manner-Villa (Foto: 2021)

Radikaler Umbau

Der Umbau der alten Villa wird das Erscheinungsbild tiefgreifend verändern. Weite Teile des Gebäudes wurden abgerissen und werden neu gebaut. Die Aufteilung in mehrere Wohnungen ist im Gange. Dazu wird das Dach radikal adaptiert und erhält riesige Fenster. Neue Eckflügel werden angebaut. Das Gebäude bekommt auch eine Tiefgarage. Der historische Balkon an einer Seite wird in einen neuen, größeren Balkon integriert. In Summe entsteht der Eindruck eines Neubaus mit an historischen Vorbildern angelehnter Architektur.

Plakat "Hommage Carl"
Foto: 2025

Villa teilweise abgerissen

Das folgende Video stammt aus anonymer Quelle. Es zeigt den Teilabriss auf der Rückseite des Gebäudes.

Die nächsten Fotos dürften zum selben Zeitpunkt entstanden sein.

Bei einem Besuch vor Ort im Oktober 2025 zeigte sich, dass die Villa zu einem beträchtlichen Teil abgerissen wurde.

Auf der Rückseite fehlt die alte Fassade fast zur Gänze:

Auf der Webseite des Entwicklers heißt es:

Heute wird die Villa Carl behutsam revitalisiert, um ihr Erbe zu bewahren und ihr gleichzeitig neues Leben einzuhauchen. Sie erstrahlt in neuem Glanz, verbindet Vergangenheit mit Zukunft und bleibt ein Ort voller Geschichte, Charme und Raffinesse – eine Hommage an Carl Manner.

Ein Teil der Frontfassade ist erhalten geblieben, doch wurden auch hier Abrisse durchgeführt. Das alte Dach ist komplett entfernt worden:

Auf der anderen Seite wurde so viel abgerissen, dass vom Bestandsgebäude nicht mehr viel zu erkennen ist:

In Summe kann man bei diesem Projekt fast von einem Neubau nach einem Abriss sprechen, so stark sind die Veränderungen. Die historische Manner-Villa existiert eigentlich nicht mehr.

Baurecht braucht Reformen

Der Fall der Manner-Villa weist auf Lücken in der Wiener Bauordnung hin. Hier einige Lösungsvorschläge:

  • Stärkere Schutzzonen: Auch nicht von der Straße aus sichtbare Teile von Gebäuden und bedeutende Höfe, Stiegenhäuser usw. müssen geschützt werden können. Vorbild: Salzburger Altstadterhaltungsgesetz §3: „Weiters sind die bisherigen Baulinien, Baufluchtlinien und Bauhöhen zu wahren und die Vorder- und Rückfassaden einschließlich der Durchhäuser, Passagen und Höfe sowie die charakteristischen Dachformen in ihrem originalen Bestand zu erhalten …“
  • Genauere Bebauungspläne: Die Bebauungspläne müssen so exakt sein, dass in Schutzzonen keine destruktiven Veränderungen von Gebäuden möglich sind (z.B. durch massive Aufstockungen und ausladende Anbauten).
  • Bessere Prüfung von Neu- und Umbauten: Schaffung eines unabhängigen, transparenten Gestaltungsbeirats aus Expertinnen und Experten von außerhalb Wiens, die alle Neubauten und Umbauten genehmigen. Vorbild: Empfehlungen für Gestaltungsbeiräte des Bundes Deutscher Architekten, Praxis in niederländischen Gemeinden
  • Schutz für neuere Gebäude: Derzeit sind in Wien nur vor 1945 errichtete Gebäude vor dem Abriss potenziell geschützt, während die Architektur der Zweiten Republik weitgehend außen vor bleibt (abgesehen von denkmalgeschützten Objekten). Das muss sich ändern, auch aufgrund des Schutzes von in Gebäuden verbauten Ressourcen (graue Energie). Die Genehmigungspflicht für Abrisse sollte daher unabhängig vom Baualter gelten – also für alle Gebäude.

Quellen

WienSchauen.at ist eine unabhängige und nicht-kommerzielle Webseite, die von Georg Scherer betrieben wird. Ich schreibe hier seit 2018 über das alte und neue Wien, über Architektur, Ästhetik und den öffentlichen Raum. Sie können mich hier erreichen. WienSchauen hat auch einen Newsletter:

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