Die beiden Kliniken des Ringstraßen-Architekten Emil von Förster gehören zu den letzten historischen Gebäuden des neuen Wiener AKH. Trotzdem möchte Österreichs größtes Krankenhaus die über 100 Jahre alten Gebäude abreißen. Doch die Magistratsabteilung für Architektur will den Abbruch nicht genehmigen. – Wird das AKH jetzt einlenken? Oder lässt man die Gebäude weiter verfallen?
Hinweis: Der Abriss der in diesem Artikel erwähnten I. Medizinischen Klinik hat im April 2020 begonnen. Alle Infos dazu gibt es hier.
Neues Gesetz wirkungslos?
Die Aufregung war groß als die Leitung des AKH im April 2019 verkündete, die historische I. Medizinische Klinik abreißen zu wollen. Das von 1909-1911 errichtete Gebäude mit seiner spannenden Mischung aus Historismus und Jugendstil-Elementen ist wohl das allerletzte Werk des berühmten Ringstraßen-Architekten Emil von Förster, der noch vor Baubeginn starb. Warum ein vom AKH geplantes Forschungszentrum nicht auch im historischen Altbau realisiert werden kann – wie auch beim Alten AKH oder beim Institute of Science an Technology in Gugging – bleibt unklar.
Erst im Vorjahr hat die Stadt das Gesetz gegen Abrisse historischer Gebäude verschärft. Seitdem soll „das absichtliche Verfallenlassen von Häusern, um sie dann aus technischen Gründen abbrechen zu können, kaum mehr möglich sein“, verkündeten Stadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) und Maria Vassilakou (Grüne).
Doch mit den beiden AKH-Kliniken sind jetzt Gebäude betroffen, die der Stadt Wien gehören. Wird das strengere Gesetz auch für diese Gebäude gelten? Oder wird die Stadt ihre eigenen Gebäude zum Abbruch freigeben?
Jahrelanger Verfall erlaubt?
Ganz überraschend kommen die Abrisspläne nicht. Der problematische bauliche Zustand der Kliniken ist schon lange bekannt: „Trotz des hohen historischen Werts werden beide Gebäude seit vielen Jahren augenscheinlich vernachlässigt“, stellt die Initiative Denkmalschutz fest. Offensichtlich soll so das erst im letzten Jahr verschärfte Gesetz gegen Abrisse historischer Gebäude umgangen werden.
„Auch hatte man im Sommer letzten Jahres keine Eile – rechtzeitig vor Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle – die Gebäude niederzureißen, man war sich seiner Sache offenbar sehr sicher. Dazu dienten offenkundig auch mehrere Polizeiübungen 2017 und 2018, die das Gebäudeinnere devastierten“, so die Initiative Denkmalschutz weiter.
Mehrmalige Versuche, die Baupolizei zum Einschreiten zu bewegen, scheiterten bisher. Es wurden keine erkennbaren Reparaturen getätigt. Der Schäden an den Fassaden sind selbst beim noch genutzten Gebäude – der ehemaligen Kinderklinik – nicht beseitigt worden.
Magistrat: Kein OK für Abriss
Stefan Gara – Planungssprecher der Wiener NEOS – stellte die Anfrage, ob die beiden alten Kliniken als erhaltenswert gesehen werden oder nicht. Auch regte er eine Nutzung der Gebäude für Büros an, wie schon bei den benachbarten ehemaligen historischen Frauenkliniken.Die Antwort von Maria Vassilakou: Die für Architektur zuständige Magistratsabteilung (MA 19) hält die I. Medizinische Klinik für schützenswert. Es wird keine Zustimmung zum Abbruch geben. Betont wird vor allem die späthistoristische Formensprache. Da das Gebäude sich in einem öffentlich zugänglichen Gebiet befindet, sei dessen Erhaltung für das Stadtbild von Bedeutung, urteilen die Behörden.Wird die Leitung des AKH jetzt von den Abrissplänen absehen? Oder wird auf Abbruchreife spekuliert?
Petition gegen den Abriss
Gegen den geplanten Abriss lief bis Anfang 2020 eine offizielle Petition, die von der Initiative Denkmalschutz und der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege unterstützt wurde. Gefordert wurde bzw. wird die Sanierung und neue Nutzung beider Gebäude. Die benötigen Unterschriften sind inzwischen erreicht worden. Auf dieser Seite gibt es nähere Infos.
Kontakte zu Stadt & Politik
- SPÖ: kontakt@spw.at, Tel. +43 1 535 35 35
- ÖVP: info@wien.oevp.at, Tel. +43 1 51543 200
- Die Grünen: landesbuero.wien@gruene.at, Tel. +43 1 52125
- NEOS: wien@neos.eu, Tel. +43 1 522 5000 31
- FPÖ: ombudsstelle@fpoe-wien.at, Tel. +43 1 4000 81797
(Die Reihung der Parteien orientiert sich an der Anzahl der Mandate im November 2020.)